Arbeitnehmerdatenschutz – Sommer / Villa Ichon

Als erstes Themenfeld behandelte Frau Dr. Sommer in der Veranstaltung am 16.11.2009 den Arbeitnehmerdatenschutz. Schon seit mehr als 20 Jahren wird in den Parlamenten regelmäßig über gesetzliche Regelungen zu diesem Bereich diskutiert. Nach den aktuellen Skandalen im nicht-öffentlichen Bereich und dem darauf folgenden Datenschutzgipfel ist das Thema wieder einmal in den Vordergrund gerückt worden.

Die am 03.07.2009 beschlossene und am 01.09.2009 in Kraft getretene zweite Novelle zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) enthält mit § 32 Abs. 1 erstmals eine Generalklausel zum Arbeitnehmerdatenschutz. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Arbeitnehmerdaten zur Entscheidung über die Begründung oder nach dessen Begründung für die Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zulässig. Die Regelung ist allerdings in hohem Maße auslegungsbedürftig und lässt viele Fragen offen. Wäre für jede darüber hinaus gehende Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten eine Einwilligung des Arbeitnehmers erforderlich? Unter welchen Umständen liegen im Arbeitsverhältnis datenschutzrechtlich validen Einwilligungen vor? Inwieweit sind die allgemeinen Erlaubnistatbestände des § 28 BDSG auf Arbeitsverhältnisse noch anwendbar?

Vermutlich könnte ein zusätzliches BDSG-Kapitel zum Arbeitsnehmerdatenschutz mehr Klarheit schaffen.

  • Aus aktuellem Anlass wurde die Frage nach Blutuntersuchungen bei der Einstellung in ein Unternehmen angesprochen. Imke Sommer betonte, dass niemand verpflichtet werden darf, bereits im Blutuntersuchungen durchführen zu lassen. Auch nach Abschluss der Bewerberauswahl darf das Unternehmen nur dann eine Untersuchung verlangen, wenn die zu besetzende Stelle besondere gesundheitliche Anforderungen stellt. (Im öffentlichen Bereich ist die Lage häufig eine andere. Im Beamtenverhältnis – Verbeamtung auf Lebenszeit! – ist es erlaubt, von den Kandidaten Blutproben zu nehmen.)  Detaillierte Ergebnisse darf der Arzt dem Arbeitgeber nicht mitteilen (ärztliche Schweigepflicht). Er darf nur die Information weitergeben, ob die Person für den Arbeitsplatz geeignet ist oder nicht.
  • Nächstes Teilthema war die Speicherung Daten zu Erkrankungen von Arbeitnehmern. Die Arbeitsunfähigkeitsscheinigung für den Arbeitgeber (gelber Schein) enthält – im Gegensatz zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse mit Diagnosecode – keine Angaben zur Diagnose. Allerdings werde unzulässigerweise in einigen Betrieben in der Tabelle der Fehlzeiten eine zusätzliche Spalte mit Selbstdiagnosen geführt.
  • Zwischendurch wurde auf die Stärkung der Position des betrieblichen Datenschutzbeauftragten, unter anderem durch den erhöhten Kündigungsschutz (§ 4 f Abs. 3 S. 5 BDSG) hingewiesen. Aus dem Publikum wurde die Annahme geäußert, dass die betrieblichen Datenschutzbeauftragten häufig weder hinreichend geschult noch zeitlich in der Lage sind, ihren Kontrollfunktionen nachzukommen.
  • In Bezug auf private Telefongespräche über Dienstgeräte ist telekommunikations-rechtlich keine Überwachung erlaubt, der Arbeitgeber darf nur abrechnungsrelevante Daten erfassen.
  • Zur Videoüberwachung (an öffentlichen Plätzen, § 6 b BDGS) bekommt die LfDI Bremen alle ein bis zwei Wochen Beschwerden. In Betrieben ist keine verdachtsunabhängige Videoüberwachung zulässig. Die Kamera muss offensichtlich positioniert werden; bestimmte Orte (Toilette, Umkleideraum) sind ausgeschlossen. Bei Kameras im öffentlichen Bereich, die auch Mitarbeiter überwachen ist § 6 b BDSG einschlägig. Die Frage, ob ein Compliance-Beauftragter (zuständig für Kontrolle der „Normbefolgung“) bei konkretem Verdacht selbst überwachen kann, oder ob der Fall nicht direkt an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden müsste, konnte aufgeworfen, aber nicht direkt beantwortet werden.

Im nächsten Teil werden ich die Aussagen zum Adresshandel zusammenzufassen.