N78 im Testmodus

Im Urlaub stand bei mir nach langer Zeit wieder eine Mobiltelefon-Neubeschaffung auf der Liste. Nach einigem Hin und Her und etwas Recherche habe ich mich ein weiteres Mal vor der Entscheidung zwischen iPhone und Android-Gerät gedrückt. In alter Verbundenheit zu Symbian (SE P900) habe ich mich für ein günstiges „Kann-alles“-Gerät ohne Sim-Lock entschieden: das Nokia N78. Ein mittelgroßes Barren-Telefon mit brauchbarem Display, GPS, UKW-Sender, nicht allzu schlechter 3,2-MP-Kamera und microSDHC-Speichererweiterung. Ohne teure Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen: ausstattungsmäßig steht das kleine Smartphone gut da.
Nach ein-zwei Wochen Gebrauch ist wohl der richtige Zeitpunkt, um gegenüberzustellen, was ich vom N78 erwartet habe und was davon sich in der Praxis bewahrheitet hat.
Nokia N78 im Testmodus
Ja, es ist – wie erhofft – ein Gerät, um den iPod touch unterwegs ins Internet zu bekommen (mit Joikuspot Premium).
Ich habe Zugang zu einem weiteren mittelgroßen App Store für ein Betriebssystem mit breiter Nutzerbasis (Symbian S60 Edition 3).
Zudem habe ich eine brauchbare unkomplizierte Immer-Dabei-Kamera.
Das N78 ist auch ein nettes GPS-Spielzeug, das sich zur Navigation (Ovi Karten 3.03 läuft allerdings noch nicht) und (auf Umwegen) auch für Dienste wie Foursquare – über den empfehlenswerten S60 Twitter-Client Gravity – und Gowalla – über den Browser Opera Mobile 10.1 beta – nutzen lässt.
Positiv zu erwähnen ist vielleicht noch die reibungslose Bluetooth-Synchronisation über iSync. Schön ist auch der kleine FM-Transmitter, der sich schon im Auto bewährt hat.
Schließlich funktioniert das N78 auch als Telefon (wenn auch nicht überragend).
Zum Schluss noch kurz zu all dem, was weniger vergnüglich war: Die Benutzeroberfläche halte ich für umständlich zu bedienen und unaufgeräumt (ich bin iOS 4 gewohnt). Einen Sonderpreis erhält in diesem Zusammenhang die Ovi Store App, die das Programm „Laden!“ ersetzen sollte. Nachdem ich sie auf dem N78 installiert hatte, ließ sich fast keine Anwendung aufspielen. Ständig kam es zu Zertifikatsfehlern und Installationsabbrüchen ohne aussagekräftige Fehlermeldungen, selbst bei Apps von Nokia. Der Nokia-Support riet mir zur Wiederherstellung des Werkszustands (brachte keine Verbesserung) und einer Neuinstallation (ebenso). Erst seit bei einer weiteren Neuinstallation durch einen glücklichen Zufall die Ausführung des Ovi-Store-App abgebrochen wurde und ich testweise einige Apps direkt über den Internetbrowser installiert habe, laufen Softwareinstallationen ohne Probleme. Über die begrenzte Auswahl an spannenden aktuellen Anwendungen im Store werde ich mich jetzt nicht auch noch beschweren, ich wusste ja, dass ich mit Symbian S60 auf eine Sackgassen-Plattform setze.
Ach, vielleicht noch ein Fazit: Enttäuscht bin ich nicht. In der zweistelligen Preisklasse ist das N78 wohl eins der besten Geräte am Markt.

FastFoot macht Bremen zum Spielfeld

Die Nintendo Wii holt mittlerweile tatsächlich Gamer vom Sofa und das Microsoft-Projekt Natal wird darüber hinaus in Kürze (?) controller-befreites Rumhüpfen vor der Xbox 360 ermöglichen.

Mindestens ebenso beachtenswert ist jedoch ein Ansatz, der den Aktionsradius von Spielen auf Hunderte von Metern erweitert.

Das erste mobile Mixed Reality Spiel, von dem ich 2004 gelesen habe, war Pacmanhattan. Unter diesem Namen wurde ein überdimensioniertes Pacman-Spiel mit verkleideten Mitspielern in New York durchgeführt. Das Spiel wurde nicht mit GPS-Unterstützung gespielt, da GPS in „urban canyons“ zwischen Hochhäusern nicht gut läuft und da die Kommunikation kostengünstiger GPS-Mobilgeräte mit einem Spielserver vor einem halben Jahrzehnt noch gewährleistet war.

Nun habe ich vor einiger Zeit im Bürogebäude am Fallturm in Bremen einen Infoflyer für das GPS Spiel FastFoot-Challenge gefunden. Eine App für Mobiltelefone war noch in der Entwicklung. Allerdings gabe es schon eine Spielbeschreibung. Ich fasse zusammen: Ein mit GPS-Mobilfunkgeräten ausgestattetes Team hat die Aufgabe, eine Person zu finden, die mit etwas Vorsprung in die Stadt geflüchtet ist. Der genaue Standort des Gejagten ist nicht bekannt, es wird nur alle paar Minuten ein X auf der Karte angezeigt, um Prognosen über die Fluchtrichtung zu ermöglichen. Die Verfolger haben die Möglichkeit, strategisch vorzugehen und sich – auch über das Telefon – Tipps zu geben. Der Verfolgte hat gewonnen, wenn er es geschafft hat, während der gesamten Spielzeit einen Abstand von mindestens 30 Metern zu allen Verfolgern zu behalten.

Einige Monate später war die Anwendung fertig und es wurde ein FastFoot Spieltreffen in Bremen angekündigt. Als neugieriger Mensch habe ich das Spiel mit Norbert und einigen anderen Mitspielern zusammen einmal ausprobiert.

Hochhausschluchten stellen in Bremen bekanntlich kein großes Problem dar, allerdings gibt es aus anderen Gründen den einen oder anderen Punkt gibt, an dem GPS-Signale schwer zu empfangen sind, u.a. Unterführungen.
An die Bedienung des Nokia XpressMusic, das mir freundlicherweise gestellt wurde, musste ich mich ein wenig gewöhnen, auch für Spiel selbst sollte man eine gewisse Eingewöhnungszeit einplanen, aber schon nach einigen Minuten ist das Ganze ein großer Spaß! Die bekannten Straßen und Wege erhalten durch das Spiel eine neue Bedeutungebene (wie ein Layer bei Google Earth). Möglicherweise war es für Norbert, der vor uns flüchten musste, etwas mehr Stress. Die Geodaten werden bei der Speicherung nur einem frei gewählten Pseudonym zugeordnet.

FastFoot lässt erahnen, wie mixed- oder augmented-reality Games zukünftig Online-Computerspiele mit dem Offline-Leben verbinden werden. Mit realitätserweiternden Brillen wird es dann wohl noch schwieriger, daran zu denken: Nein, ich bin nicht in der Matrix, da laufen noch andere echte Menschen und es gilt die StVO.
Ich kann mir eine Situation vorstellen, in denen Personen nachts allein auf Sportplätzen – nach einem für Dritte unerklärlichen Muster – hin und her rennen. Sie tun dies, weil gerade die Geodaten von Sportplätzen an weit entfernten Orten für ein gemeinsames Spiel übereinander gelegt wurden und sie über ihr Mobilgerät die Position des Kontrahenten auf dem virtuellen Spielfeld erfahren. Vermutlich müssen vorher noch ein paar Jahre vergehen.

Das Spieltreffen in Bremen läuft noch bis zum 14.3.10 und endet am Sonntag auf der Passion Sports Convention. Tipp: Einfach mal vorbeischauen.