Scoring – Sommer / Villa Ichon

Dieser Abschnitt setzt meinen Bericht zum Datenschutz-Forum mit Imke Sommer (LfDI) und Christian Rath (taz) am 16.11.2009 in der Villa Ichon fort.
Als Lösungsansatz für die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, bei einer Kreditvergabe das Geld (zuverlässig und mit Zinsen) zurück zu erhalten (oder allgemein, um festzustellen, wie gut jemand als Kunde geeignet ist), existieren so genannte Scoring-Verfahren.

Hierbei werden personenbezogene Daten und Erfahrungswerte herangezogen und mathematisch-statistisch analysiert. Scoring-Systeme sind häufig selbstlernend, sie sollen sich laufend an geänderte Rahmenbedingungen anpassen und können damit als Anwendungsfall für „künstliche Intelligenz“ angesehen werden. Sommer wies auf die erwiesenermaßen hohe Fehlerrate der Scoring-Tabellen hin.

Die Gesetzesänderungen zum Scoring sind Teil der Bundesdatenschutzgesetz-Novelle I, die zum 1. April 2010 in Kraft treten wird (BGBl bei Bundesanzeiger-Verlag). Im neuen § 28b BDSG (Scoring) wird klarstellend vermerkt, dass der Scoring-Wert nicht allein auf der Adresse abgeleitet werden darf. Die verantwortliche Stelle muss in der Lage sein, über die zugrunde liegenden „wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen“ Verfahren „einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form“ Auskunft zu geben. (Hierzu ein zitierwürdiger Einwurf aus dem  Publikum: „AI for Dummies – künstliche Intelligenz für Einsteiger?“)

Eine knappe und verständliche Einführung bietet der Bundesverband deutscher Banken mit seiner Broschüre „Kredit-Scoring – Bestandteil der modernen Kreditvergabe„.

Adresshandel – Sommer / Villa Ichon

Als weiteres Thema wurde bei der Veranstaltung am 16.11.2009 der Handel mit Adressen behandelt. Mit der Überarbeitung des Bundesdatenschutzgesetzes, die am 01.09.2009 in Kraft getreten ist, haben sich auch die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen für die Weitergabe von Adressdaten geändert. Allerdings sind die neuen Regelungen weniger kundenfreundlich ausgefallen, als von vielen erhofft. Datenschützer, darunter der LfDI, hatten sich für eine uneingeschränkte Streichung des sog. Listenprivilegs ausgesprochen (siehe etwa 31. Jahresbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz). Die Bremische Bürgerschaft hatte gefordert, die kommerzielle Weitergabe von Daten nur mit ausdrücklicher vorheriger Einwilligung zuzulassen (opt-in statt opt-out). Diesen Forderungen wurde nicht nachgekommen. Es ist Unternehmen weiterhin möglich, Adressdaten zum Versand von Werbematerial zu verwenden, wenn die Daten listenmäßig zusammengefasst sind und die Liste mit den Daten über die Betroffenen lediglich eine zusätzliche Angabe über die Zugehörigkeit des Betroffenen zu einer Personengruppe enthält (Listenprivileg in § 28 Abs. 3 BDSG).

Neu ist allerdings, dass Firmen ab dem 1.9.2012 bei Werbung immer angeben müssen, wo die personenbezogenen Daten erhoben wurden. Der Einwand, es würden Alt-Datenbestände genutzt, wird ab diesem Termin entfallen.

Christian Rath (taz) wies darauf hin, dass etwa Zeitschriftenverlage ein dringendes Interesse daran haben, Adressdaten von anderen Verlagen zu übernehmen (60% der Abo-Neukunden sollen auf diese Weise geworben werden).

Auch von der Pflicht zur Einwilligung des Betroffenen ausgenommen ist die Werbung für eigene Angebote. Die zu immer größeren Medienkonzernen zusammengeschlossenen Verlage erhalten so eine gute Möglichkeit, ihre Produkte zielgerichtet zu bewerben. Dem Kunden muss allerdings die Möglichkeit gegeben werden, der Zusendung von Werbung zu widersprechen.

Im nächsten Teil geht es um den Einsatz von Scoring-Verfahren.