Ungestillter Datenhunger, ungeliebter Datenschutz?

Es war geplant als der „große Showdown“, endete aber versöhnlich. Google ist offenbar besser als sein Ruf (oder kann zumindest gut diesen Eindruck vermitteln).

Diskussion im Rathaus Bremen

Am 18.01.2011 fand mittags in der Oberen Rathaushalle in Bremen eine Diskussion zwischen Per Meyerdierks (Beauftragter für den Datenschutz, Google Germany GmbH) und Dr. Imke Sommer (Landesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit der Freien Hansestadt Bremen) statt. Rahmen war das Abschlussplenum der zweitägigen Konferenz „E-Government in medias res„. Die Diskussion wurde durch Michael Klöker von der Fachzeitschrift „innovative Verwaltung“ moderiert.

Meyerdierks sieht Datenschutz als wichtige Aufgabe an, die bei Google Deutschland allerdings recht anstrengend sei – selbst im Vergleich zu anderen EU-Staaten.
Für internationale Web-Unternehmen mit Heimat in den USA sei es eine schwierige Aufgabe einerseits Nutzern in aller Welt eine gleichförmige Plattform bereit zu stellen und andererseits auf die zahlreichen Rechtsordnungen Rücksicht zunehmen, die neben dem US-Recht Geltung beanspruchen.
Darauf konterte Sommer, dass es in Sachen Datenschutzrecht doch möglich sei, die Ansprüche zu vereinen. Google müsse einfach das höchste Datenschutzniveau international umsetzen.

Aus aktuellem Anlass (Entlassung des OHB Vorstandsvorsitzenden Smutny) leitete Klöker nun eine Schleife zum Thema Wikileaks ein.

Meyerdierks darauf: Eine offizielle Google-Position zu Wikileaks gibt es nicht. Dann abschweifend: Google als Unternehmen ist natürlich daran interessiert, Leaks von Informationen zu neuen Produkten und Suchfeatures zu verhindern. Davon unabhängig meint Meyerdierks persönlich, dass radikale Offenheit schädlich für die Unternehmens- und Verwaltungshandeln sein könne. Wenn man bei der E-Mail-Kommunikation unter Kollegen ständig die „Schere im Kopf“ haben müsse, sei effizientes Arbeiten nicht zu gewährleisten. Der Google-Datenschützer ist der Meinung, man müsse sich bei der E-Mail-Kommunikation auf das international geschützte Fernmeldegeheimnis verlassen können. (Ich habe versäumt zu fragen, welchen E-Mail-Diensteanbieter er nutzt, hm, Moment: Google! und ob seinen E-Mails per Voreinstellung verschlüsselt werden. Wohl: Nein.)

Frau Dr. Sommer ist daraufhin direkt zu den Themen Informationsfreiheit und Verwaltungstransparenz gesprungen: Die Verwaltung müsse auf geordnetem Wege für Offenheit sorgen. Es macht schon einen Unterschied, ob die Bevölkerung darauf angewiesen sei, dass eine findige Journalistin Zugang zu Senatsdokumenten hat und daraus einen vereinfachten und vorgefilterten Artikel zusammenstellt oder ob die Ausgangsdokumente und -daten zum allgemeinen Zugriff im Informationsregister bereitgestellt würden.

In diesem Zusammenhang darf ich auf die Bremer Empfehlung zu Open Government Data hinweisen: Ein elektronischer Weg zu besserem Informationszugang und mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung. Die Mitzeichnung läuft (formlos, auch per E-Mail).

Fortsetzung in Kürze, nächstes Thema: Google Streetview.

Öffentliche Lesezeichen und freie Dokumente

Seit mehr als vier Jahren nutze ich neben del.icio.us auch Mister-Wong von Construktiv (Bremen/Berlin) als Browser-Bookmark-Ablage. Der Dienst war praktisch, um viele meiner Online-Lesezeichen rechnerunabhängig zur Hand zu haben, zudem um die öffentlichen Bookmarks von Nutzern mit ähnlichen Interessen und aktuelle Trends in Deutschland mitzuverfolgen.

Die Liste der populären Bookmarks wurde anfangs regelmäßig durch professionelle SEO-Versuche (Suchmaschinenoptimierung, Affiliate Marketing) beeinträchtigt. Um diesen Misstand zu beheben wurden alle Links im Oktober 2007 standardmäßig auf No-follow gesetzt. Als elegantere Variante gibt es seit September 2010 trusted URLs und geprüfte Nutzerkonten.

Mitte Oktober 2010 wurde Mister Wong (.de) inhaltlich und designmäßig stark überarbeitet. Der neue Mister Wong ist ein Online-Dienst für Webseiten, Dokumente und Empfehlungen. Waren bisher etwa delicous.com und LieberBiber als Konkurrenz anzusehen, kommen jetzt Scribd, Grin, Slideshare und – wenn man übermütig ist – auch ein bisschen Facebook hinzu.

Insbesondere wurde zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, eigene Dokumente hochzuladen. Eine Grundidee der „freien Bibliothek digitaler Dokumente“ ist, dass Präsentationen und Berichte, Papers und Skizzen, unter freien Lizenzen (Creative Commons) veröffentlicht werden. Zu nicht kommerziellen Zwecken können alle CC-lizenzierten Inhalte ohne Rückfrage beim Rechteinhaber weiterverbreitet werden, solange Name und Lizenzform angegeben werden.

Über Nutzerwertungen („Gefällt mir!“) und Kommentare soll sichergestellt werden, dass qualitativ hochwertige Dokumente nicht in der Masse durchschnittlicher Präsentationen untergehen. Die Anbindung des Social-Payment-Dienstes Flattr.com an Mister Wong ermöglicht es Nutzern jetzt, ihre Wertschätzung auch durch finanzielle Unterstützung auszudrücken.

Ich würde mich freuen, wenn das tatsächlich funktioniert und eine kritische Masse an Nutzerinnen und Nutzern zusammen kommt, die diesen Ansatz unterstützt. Auch nachdem das Gewinnspiel heute endet.

Mister Wong, Zurich (Switzerland) by meiburgin
Foto: Mister Wong, Zurich (Switzerland) by meiburgin @ flickr
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