Wenn man Ende November 2019 durch die News scrollte, konnte der Eindruck entstehen, der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales habe ein soziales Netzwerk namens WT.Social gestartet, um Facebook Konkurrenz zu machen.
Es ist ja nun schon eine Weile her, dass der letzte „Facebook-Killer“ sich auf den Weg gemacht hat. diaspora* (seit 2010), Google+ (2011-2019), app.net (2012-2017). ELLO (2014, treffend: Netzpolitik.org) oder gar Zurker (2013) hatten da nur mäßigen oder keinen Erfolg.
WT.Social will Facebook allerdings nur in einem Aspekt Konkurrenz machen: vertrauenswürdige News.
Die Buchstaben WT im Namen stammen vom Vorgängerprojekt WikiTribune, einem offenen Nachrichten-Portal.
So heißt es dann auch in den FAQ:
WT:Social ist ein Versuch, ein soziales Netzwerk rund um News aufzubauen.
https://wt.social/post/german-wtsocial/arwbe0d5241812086426 am 30.11.2019
Wenn man sich das soziale Netzwerk im aktuellen Ausbaustand anschaut, wird klar, dass es hier zwar ein paar News mit Kommentaren gibt, aber keine Bewertungen mit Smilies, Frownies, Herzchen oder Daumen. Eine App ist auch noch nicht da.
Man kann Benutzer-Accounts oder SubWikis (Themengruppen) folgen oder einen Account als befreundet kennzeichnen.
Hier gibt es allerdings keinen privaten Aktivitätenstrom, keine Bekannten aus der Grundschule und keine Bewegtbilder. Alles in allem fühlt sich das an wie ein stark reduziertes Reddit oder Slashdot.
WT.Social ist im Kern nicht kommerziell, frei und engagiert, aber etwas aus der Zeit gefallen.
Vor zehn Jahren – In der Blüte des Web 2.0 – wäre ein solches Mitmach-News-Netzwerk sicherlich schneller ans Laufen gekommen als heute. Wenn noch mehr Menschen Spaß daran finden, die Moderation funktioniert und die Entwicklung nicht auf diesem Stand eingefroren wird, könnte ja ein positiver Netzwerkeffekt entstehen. Aber irgendwie habe ich die Befürchtung, dass ohne Skandal-Nachrichten, HD-Streams und bunte Reaktionsknöpfe am Ende der 2010er-Jahre nur wenige Web-Konsumenten zum aktiven Mitmachen bei WT.Social animiert werden können.